Der nachstehende Text von Dr. Michael Altmoos wurde am 1. September 2023 in Darmstadt auf der Demo zum 25. Jubiläum des Darmstädter Manifests als Grußwort verlesen.
Liebe Menschen, Bürger und Entscheider, jetzt und hier:
Wir erleben eine Wandlung vom Traum zum Albtraum: Traumhafte intakte Natur wird massiv weggeplant. Die als sauber dargestellte Energiequellen Windkraft und immer mehr Freiflächen-Solar-Industriefelder zerstören immer mehr Lebensräume. Unglaublich, aber wahr: Riesige Windindustrieanlagen, heute oft höher als 200m, werden mit noch mehr Hochdruck geplant, zu viele sind bereits entstanden. Die Bundesregierung träumt laut davon, dass 5 Windräder pro Tag entstehen und zudem tausende Hektar Freiraum unter Solarpanelen verschwinden. Das ist ein Alptraum. Die Folge ist gigantisch: Kaum noch werden weite Landschaften unverstellt und unzerstört sein, Natur wird Reste-Rampe. Das darf nicht sein! Rettet unsere Landschaften!
Aber: Wir brauchen Energie. Alte Kraftwerke bewirken schwere Schäden. Dagegen kommt aus den neuen sogenannten erneuerbaren Energien gar kein Rauch raus. Oh je, lasst doch wenigstens die Köpfe qualmen. Nachdenken hilft:
Es ist keine Energiewende, alte zerstörerische Energien durch zerstörerische neue abzulösen, Ressourcenverbrauch wie Ausbeutung durch letztlich Gleichartiges für neue Materialien, oft auch wieder im globalen Süden, zu ersetzen. Eine Lösung ist das nicht. Rettet unsere und auch andere Landschaften!
Zu Viele aber reden das schön, sprechen vom kleineren Übel. „Wächst ja alles wieder zu, nur ein kleiner Eingriff“? Daher muss man klarstellen: Windindustrie zerstört auf eigene Weise Lebensgrundlagen: Weit über Fundamente hinaus wirken Zerschneidungen, Bodenschäden, dann übrigens auch viel weniger Kohlenstoffrückhalt, Eingriffe in Wasserhaushalt, Lebensraumfunktionen und Tod wichtiger Vögel und Fledermäuse, was nur unzureichend durch Abschalt-Algorithmen kaschiert werden kann. Gesundes Leben braucht auch noch große unverbaute Landschaften. Landschaft ist keine bloße Geschmacksfrage. Sie ist unverbaut Hort der Artenvielfalt, Klimaregulator, weltoffene Heimat: Rettet unsere Landschaften!
„Rettet unsere Landschaft“ ist nicht rückwärtsgewandt. Landschaften dürfen sich verändern. Aber es muss achtsam, respektvoll und sinnvoll sein. Das geschieht bei zu viel Windindustrie und Freiflächen-PVs gerade nicht. Es ist hingegen rückwärtsgewandt, Landschaft wie früher schon weiter zu verbauen. Das ist nur das schlechte alte „Macht Euch die Erde untertan“ in neuem Gewand. Es ist den komplexen, modernen, ökologischen Aufgaben nicht gerecht, Energie- und Klimafragen auf wenige Faktoren wie CO2 zu verengen und das dann weiter verengt mit zerstörerischer Technokratie anzugehen. Wir müssen viel mehr in Zusammenhängen denken. Erst dann wird auch wirksamer Klimaschutz möglich, finden sich Energien, Natur und Lösungen zusammen. Rettet unsere Landschaften!
Lasst uns mit Landschaften und Natur aber auch Positives und Mut verbinden. Denn nur gegen etwas zu sein, nur Zerstörung zu sehen, ist kraftraubend. Lasst uns Kraft gewinnen, mehr Menschen erreichen, wenn wir als Chance, als Vision, aus Analyse und berechtigten Protest heraus viel mehr positive Lösungsmöglichkeiten anregen, für die wir eintreten können, die Alle motivieren, ja mitreißen können. Ja, es gibt sie: Alternativen zum dummen Verbau –immer auch mit genügend freien Landschaften:
Lasst uns den immensen Wert und Schönheit unverstellter Landschaften neu entdecken und uns und Andere dafür bewusst begeistern. Lernen wir Natur verstehen, statt ihre Zerstörung ahnungslos als angebliche Rettung auszugeben. Retten wir Landschaften mit uns: Wo Rotmilane und Schwarzstörche ungefährdet brüten und kreisen können, wo Wälder unzerschnitten wachsen, wo unverstellte wilde Weiden artenreiche und unbebaute Grünländer zaubern, wo unbebaute renaturierte Auen Feuchtgebiete funkeln, da gibt es lebenswerte Zukunft. Da gibt es Lebensraum voller Wunder, die jeden Tag bereichern. Das ermöglicht Gesundheit, fördert Frieden, ein gutes Leben miteinander – und mit Natur. Damit schützen wir effizient auch das Klima.
Lasst uns die Wälder auf jeden Fall freihalten. Sie erholen sich und wachsen auch im Klimawandel, wenn wir sie nicht bebauen. Und selbst wer Windräder für wichtig hält, muss sie nicht gerade auf Waldstandorten bauen. Dort wird – ohne sie – so vielmehr Kohlenstoff in unverdichtetem Boden gebunden, Wasserhaushalt und Klima reguliert.
Lasst uns für eine Energiewende eintreten, die wir naturverträglich gestalten, anders als das was jetzt läuft: Neue Infrastruktur nur an die viele schon Bestehende bündeln. Solartechniken auf Dächer, Straßen und an Siedlungen, nicht in Freiräume. Biomasse aus Reststoffen, nicht aus Übernutzung oder Monokulturen. Natur und Landschaft bei allem mitdenken. Neue Ansätze? Das ist etwas für kluge Köpfe – positiv mit Zukunft.
Lasst uns bessere Konzepte entwickeln, technikoffen, wobei als Prüfbaustein Natur niemals weiter beeinträchtigt werden darf. Denn sie ist – ich wiederhole es gerne – unsere wahre Lebensgrundlage, ohne die alles nichts ist. Solange Speicher fehlen oder nicht landschaftsverträglich sind, darf keine weitere Materialschlacht erfolgen. Denn anguten Tagen exportiert Deutschland schon massenweise Solar- und Windstrom, an wind- und sonnenlosen Stunden hingegen nutzen tausende neue Anlagen wenig. Das Problem liegt also tiefer, es ist das Konzept. Lasst uns Ideen entwickeln, ohne mehr Landschaft neu zu verbrauchen. Für einen klugen Aufbruch!
Es war unerträglich, dass 2022 Naturschutzgesetze geschliffen und Verordnungen durchgeprügelt wurden, nach denen jetzt alles dem Windrad unterzuordnen wäre. Das gilt es zu korrigieren. In einer polarisierten, aufgeheizten, kriegerischen Zeit, in der jeder recht zu haben scheint, aber doch zu wenig weiß, haben aber auch wir Verantwortung, in Austausch mit vielen Menschen zu treten. Die meisten sehnen sich doch nach Lösungen: demokratisch, versöhnlich, friedlich. Einseitiger Fehlinformation stellen wir Fakten und Konzepte gegenüber – natürlich mit Landschaft und mit Freude.
Zeigen wir der niemals letzten Generation, dass es funktioniert, über alle Weltanschauungen hinweg: Energieerzeugung, Klimaschutz, Fortschritt sind möglich, ohne Landschaften zu entstellen. Dafür lasst uns arbeiten, lasstuns begeistern, lasst uns das vermitteln: Mit Schönheit von Natur und Landschaft. Auch dafür leben wir.
Lasst uns viel maßvoller und klüger wirtschaften statt maßlos zu verbrauchen, ohne gleich in Askese, Dogmatismus und Belehrung zu verfallen. Moderne Effizienztechnik ist neben Einsparung weitere Chance. Energien gilt es maßvoll wie klug zu kombinieren statt mit ihnen maßlos Freiräume dicht an dicht zu überplanen.
Was hindert uns noch daran? Ach ja, das Geld. Wir wissen: Viele Landbesitzer und Kommunen machen’s deswegen. Windrad und Freiflächen-PV als Gold-Esel! Weil sie wirklich unterfinanziert sind, manche aber auch gierig. Geld macht blind. Blind im Wind? Es war und ist seit zu langer Zeit das Grundübel der Menschheit schlechthin, wegen kurzfristigen Geldeinnahmen Natur und größere Wertedumm zu zerstören. Daher sind unsere Probleme, auch die des Klimas, ja erst entstanden.
Es gäbe Lösungen: Mit vernünftigen wie einfachen Strukturreformen für eine bessere und fairere Aufgaben- und Finanzverteilung von Land und Kommunen wäre das Einnahmeargument zu entschärfen. Auch dafür darf man sich positiv einsetzen – für und mit unseren Gemeinden!.
Mindestens so wichtig ist aber zu vermitteln, welchen unermesslichen Mehr-Wert, auch an Geld, unverstellte Landschaft hat: für Ökosystemleistungen, ohne die wir kaum lebensfähig sind, für Wertschöpfung in Gesundheit und Tourismus. In einer gebildeten Gesellschaft sollte im Sinne von echter Nachhaltigkeit diese langlebigen größeren Werten den kurzfristig erwünschten Einnahmen höhergestellt werden.
Daher ist es auch notwendige lebendige Bildung und Zukunftstauglichkeit, für die wir mit dem Aufruf voller Lebenslust eintreten: Rettet unsere Landschaften!
Und noch eines zum Schluss – Sie sehen mich lächeln: Sollten wir es leider nicht schaffen, den Verbau rechtzeitig umzukehren, dann verspreche ich eines: Sobald die neuen Windräder stehen, werden wir mit dargelegten Argumenten umgehend an deren Abbau und vernünftiger Rück-Bündelung arbeiten, Landschaft und Wälder wieder befreien. Wir werden nie aufgeben. Auch das ist positiv. – Habt Mut!
Liebe Freunde, öffnen wir Horizonte statt sie zu verbauen!
Danke, Michael Altmoos, Ökologe und Naturschützer, Museum für Naturschutz.
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Nahe der Natur – Museum für Naturschutz, Staudernheim (Nahe) – www.nahe-natur.com
info@nahe-natur.com
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Für 1.September 2023, Darmstädter Manifest – Kundgebung.
Kontakt: Dr. Michael Altmoos, Nahe der Natur – Schulstrasse 4, 55568 Staudernheim (Nahe)