Kreistag will 42 Vorranggebiete

Die Abgeordneten des Steinburger Kreistages (Schleswig-Holstein) wollen mehr Fläche für WEA, als die Kreisverwaltung empfohlen hat.

Rot als Kennzeichnung hätte ich mir gern erspart.

Manfred Schmiade, SPD

Wer alles schützen will, schützt gar nichts.

Henning Wendt, GRÜNE

Windparks: 42 Standorte im Kreis Steinburg vorgesehen

ITZEHOE

Mit diesem Entwurf ist die Landesplanung in die Öffentlichkeitsbeteiligung gegangen. Bis zum 13. März können Kommunen, Verbände und auch Privatpersonen Einwendungen und Stellungnahmen abgeben.[…]

Kiel bekommt aus dem Kreis Steinburg nicht nur die fachliche Stellungnahme der Kreisverwaltung zugeschickt, sondern auch die teilweise abweichende Bewertung der Politiker. Sowohl der Wirtschaftsausschuss als auch der Kreistag befassten sich ausführlich mit der Zukunft der Windenergie im Kreis.
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LESERBRIEF:

Klimaschutz statt Demokratie?
Mit Nonchalance werden im Steinburger Kreistag das Grundgesetz mit Füßen getreten und übergeordnete Direktiven missachtet.
Die Verwaltung hatte eine für Mensch, Natur und Tiere desaströse Stellungnahme im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung zum 3. Entwurf der Landesplanung (Windkraft) vorgelegt. Fast allen Politikern im Kreistag war diese Stellungnahme nicht radikal genug.
Schön wäre es, wenn wenigstens ein Politiker den Mut gehabt hätte zu sagen: Es ist jetzt schon zu viel!
Immer mehr Menschen erkranken durch WEA-Schall und den Vibrationen, die als Körperschall über den Boden in die Häuser gelangen. Artikel 2 des Grundgesetzes und der vorbeugende Gesundheitsschutz scheinen im Kreistag nicht bekannt zu sein. Oder sind sie den Politikern egal?
Selbst die AfD, die sich sonst als Bewahrer der Natur und Anwalt der Entrechteten sieht, kann mit der Stellungnahme der Verwaltung leben.
„An der Energiewende führt kein Weg vorbei“ (Wenzlaff/CDU). Die FDP stellt fest, dass für den Ausbau der Windenergie viel getan werden müsse (Goronczy). CDU und FDP glauben nach 30 Jahren immer noch, man könne mit einem schlechten Kompromiss die Akzeptanz für die Windkraft verbessern.
„Rot als Kennzeichnung hätte ich mir gern erspart“ (Schmiade/SPD). Eine fachlich qualifizierte Einlassung hätte der Partei sicher gutgetan. So kann es sein, dass er nach der nächsten Kreistagswahl weniger Rot im Kreistag sieht.
Die Krönung des Rechtsbruchs sind aber die Grünen: „Wer alles schützen will, schützt gar nichts.“ Zuallererst müsse das Klima geschützt werden (Wendt). Wer so argumentiert, dem sind Mensch, Tier und Natur völlig egal. Hier wird Politik durch Lobbyismus ersetzt und Denken durch Ideologie. Wendt, wie auch alle anderen zitierten Politiker, verkennt z.B. völlig, dass es sich bei der EU Vogelschutzrichtlinie nicht um eine „Empfehlung“ zum Umgang mit (geschützten) Tierarten handelt, sondern um eine übergeordnete Direktive, deren Umsetzung zwingend nötig ist (vergl. z.B. VG Gießen / 1 K 6019/18.GI). Die Ausnahme vom Tötungsverbot, die bei Genehmigungen für WEA regelmäßig beantragt und allzu oft genehmigt wird, stellt „einen Verstoß gegen die vorrangigen Bestimmungen der Vogelschutzrichtlinie“ dar, so das VG Gießen. Auch haben sich nationale Klimaschutzziele der Richtlinie unterzuordnen.
Eindeutig die aktuelle Rechtsprechung: Gesetze und Vorschriften sind nicht in Stein gemeißelt und neue Erkenntnisse, so z.B. die Wirkweise von Infraschall und Vibrationen auf den Organismus, müssen berücksichtigt werden.
Wer Entscheidungen mit solch weitreichenden Auswirkungen trifft, sollte seine Komfortzone verlassen und sich mit der Realität beschäftigen. Und die sieht im Kreis Steinburg in Sachen Windkraft nicht gut aus. Wollen die Kreistagspolitiker wirklich, dass Steinburg ein zweites Dithmarschen wird – mit komplett zerstörter Landschaft und allen ökologischen und sozialen Folgen? Immerhin ist Dithmarschen bundesweit der Kreis mit der höchsten WEA-Dichte.

Marco Bernardi
Mitgl. im Gemeinderat
Neuendorf-Sachsenbande