Gericht sieht keine Gesundheitsgefahren
Westfälische Nachrichten
23.01.2020
Münster – Nach der emotionsgeladenen Gerichtssitzung in der vergangenen Woche hat das Verwaltungsgericht Münster jetzt entschieden. Die Klagen gegen das Windrad Loevelingloh wurden zurückgewiesen. Von Klaus Baumeister
Der entscheidende Satz im Urteil steht auf Seite 27. „Angesichts des unsicheren Erkenntnisstandes in der Wissenschaft“ sei es nicht die Aufgabe eines Gerichtsverfahrens, heißt es da, „weitere wissenschaftliche Forschung zu betreiben“. Kurz und gut: Eine (vermeintliche) Gesundheitsbelastung, die im juristischen Sinne nicht beweisbar ist, kann nicht zur Aufhebung einer Baugenehmigung für ein Windrad führen, wenn ansonsten alle rechtlichen Vorgaben erfüllt sind. So jedenfalls argumentiert das Verwaltungsgericht Münster. In einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil hat es eine Klage der Anwohner Anja Hollenhorst und Thorsten Schäfer gegen das Windrad Loevelingloh abgelehnt.
Im Prozess spielte das Thema Infraschall eine zentrale Rolle. Hierbei handelt es sich um nicht hörbare Töne, die gleichwohl zu (minimalen) Luftdruckschwankungen führen können. Insbesondere Anja Hollenhorst hatte für ihre Familie und die Mitarbeiter der Spedition Hollenhorst angeführt, dass die regelmäßigen Luftdruckwellen des rund 460 Meter entfernt stehenden Windrades ein Unwohlsein bis hin zu Herzrasen auslösen, wenn man ihnen längere Zeit ausgesetzt sei. Das Gericht indes argumentiert, dass der von den Klägern angeführte Zusammenhang zwischen den gesundheitlichen Beeinträchtigungen und der Existenz des Windrades wissenschaftlich nicht belegbar sei. Auch sei nicht der Nachweis erbracht worden, dass der auf die „Wohnung einwirkende Infraschall allein kausal durch die (…) Windenergieanlage ausgelöst wird“. An anderer Stelle im Urteil heißt es: „Infraschall führt nach dem bisherigen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse grundsätzlich nicht zu Gesundheitsgefahren.
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Menschenverachtende Ignoranz
Wieder einmal wird eine Familie mit heftigen Erkrankungen durch die Beschallung mit Infra- und Körperschall, sowie durch Dauerlärm am Wohnort und am Arbeitsplatz von einen ignoranten Richter im Regen stehen gelassen.
Unter Zuhilfenahme der „Erkenntnisse“ des bayerischen Landesamtes und des UBA, beide an politische Weisungen gebunden, die Amtsbibel zur Genehmigung von WEA, die TA Lärm von 1998 und die ebenfalls antiquierten DIN-Normen fest im Blick, deren Überarbeitung nun schon 13 Jahre überfällig sind und sicherlich im Interesse des Gewinnstrebens einer gierigen Wirtschaftsbranche weiterhin am Leben erhalten werden, erleben wir ein Gerichtsgebaren, welches seinesgleichen sucht.
Offenbar sieht ‚das Gericht‘ nicht nur keine Gesundheitsgefahren, auch hört und fühlt ‚es‘ keinen Lärm und keine Vibrationen, wenn die WEA abgeschaltet ist, bis es persönlich oder seine Familie, Freunde oder der schicke Zweitwohnsitz auf dem Land von den ‚minimalen‘ Luftdruckschwankungen des periodischen Lärms und den Vibrationen des Körperschalls, generiert durch den technischen Infraschall unter 20 Hz, emittiert von seinen neuen gigantischen Nachbarn eingeholt wird.
Es sei dem Gericht von Herzen gegönnt, denn neue Erfahrungen, hautnah, bringen vielleicht auch neue Erkenntnisse, oder die innere Notwendigkeit, sich schließlich doch mit den seit Jahrzehnten längst vorhandenen Erkenntnissen und Studien aus aller Welt auseinander zu setzen…
JR