„Untersuchung zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen von Anwohnern durch den Betrieb von Windenergieanlagen in Deutschland anhand von Falldokumentationen“
von Dr. med. Stephan Kaula für die Deutsche Schall-Schutz-Gesellschaft e.V. – DSGS
19.5.2019
Für den schnellen Ein- und Überblick für unsere eiligen Leser – im Verlauf zum erstrangig genannten Symptom „chronische Schlafstörung“ mit Fazit und Handlungsempfehlungen:
Zusammenfassung
Anhand einer retrospektiven Beobachtungsstudie wurde der Frage nachgegangen, ob gesundheitliche Schädigungen von Anwohnern durch den Betrieb von Windenergieanlagen vorliegen. Dies wird von ausländischen Studien zwar nahegelegt, die Kausalität und das Ausmaß der Belastung, die über eine Störwirkung hinausgehen soll, wird aber in Deutschland generell bestritten. An dokumentierten Einzelfällen von Anwohnern konnte mit dieser Untersuchung nachgewiesen werden:
Dabei legen verschiedene Beobachtungen nahe, dass die wesentliche gesundheitliche Schädigung über eine Infraschallemission ausgelöst wird, deren Schall-Charakteristik dabei wohl entscheidender ist als ihr Schalldruckpegel (d.h. „die Lautstärke“ im Infraschallbereich).
Eine konservative Abschätzung des epidemiologischen Ausmaßes der Schallerkrankung durch den Betrieb von Windenergieanlagen in Deutschland kommt dabei zu einer alarmierend hohen Zahl von Betroffenen, die ein unmittelbares politisches Handeln erforderlich macht.
Im Rahmen des Windenergieausbaus in Deutschland kommt es zu erheblichen sozialen Verwerfungen und Konflikten im ländlichen Raum, bei denen die Windenergieanlagen-Anwohner erhebliche Benachteiligung und Diskriminierung erfahren.
[…]
Zentrales Symptom der Untersuchung: chronische Schlafstörungen
Eine Schlafstörung wurde dann als reproduzierbar gewertet, wenn folgender Zyklus des Auftretens und Verschwindens der Schlafstörungen mindestens zweimal erfahren wurde: Beginn der Schlafstörungen in einem definierten zeitlichen Zusammenhang mit dem Betrieb (Wind) oder Inbetriebnahme von (ggf.) repowerten Anlagen. Und die Schlafstörungen enden in einem ebenso definierten zeitlichen Zusammenhang mit dem Wegfall der Immissionen (weitgehende Windstille, Abstellen der Anlagen oder Verreisen der Person aus dem Einflussbereich der Anlagen). In der Regel haben die Personen, bei denen diese Reproduzierbarkeit ihrer Schlafstörungen so festgestellt wurden, diese Erfahrung immer wieder gemacht, also deutlich häufiger als zweimal reproduzieren können.
Zu den Standardfragen gehörten auch Fragen nach weiteren Beschwerden, wichtigen Vorerkrankungen bezüglich der geklagten Beschwerden, betroffenen Familienangehörigen und Nachbarn, Auffälligkeiten bei Wild-, Haus- oder Nutztieren, wie auch der Einstellung zur Windenergie vor dem Auftreten der ersten Beschwerden.
Da es sich bei dieser retrospektiven Beobachtungsstudie um keine verblindete und randomisierte Untersuchung handelt, schien es dem Untersucher wichtig, die Authentizität der Angaben der Betroffenen belegen zu können. Dafür wurde mit dem Einverständnis der Betroffenen bereits ein Teil dieser Videos [28] veröffentlicht.
Konkrete Durchführung
In der Zeit von November 2018 bis April 2019 wurden die ärztlichen Interviews vor Ort
durchgeführt. Einzelne Befragungen erfolgten telefonisch. Aktuell werden in der zeitlich offenen Untersuchung zunehmend weitere Daten mittels eines erweiterten schriftlichen Fragebogens [29] erhoben.
[…]
Inhaltliche Ergebnis-Bewertung
Statistische Auswertung des Erkrankungs-Musters: chronische Schlafstörungen
Eine Schlafstörung liegt bereits vor, wenn ein nicht erholsamer Schlaf, Ein- oder
Durchschlafstörungen über 4 Wochen lang hinweg und mindestens 3 Mal pro Woche bestehen.
Eine chronische Schlafstörung, die auch nach Ablauf von 4 Wochen noch bestand, lag bei allen unseren 92 Fällen vor. Die gesundheitliche Bedeutung als ernstzunehmende Erkrankung wird allgemein unterbewertet, obwohl sie doch längerfristig zu erheblichen Folgekrankheiten 32) führt.
Die Schlafstörungen unserer dokumentierten Fälle sind in 44 Fällen als chronisch leicht und mittelschwer und in 58 als chronisch schwer und damit als ernste Erkrankung zu werten. Dabei hängt das Risiko für weitere körperliche und psychische Folgeerkrankungen zusätzlich von der Dauer (Monate, Jahre) und individuellen Faktoren ab.
Reproduzierbarkeit und Wahrscheinlichkeit
Die Frage, ob eine Nebenwirkung auf eine bestimmte Ursache (Medikament, Behandlung, med. Maßnahme) zurückzuführen ist, kommt in der Medizin ständig vor und ist teilweise von vitaler Bedeutung. So berichten Patienten beim niedergelassenen Arzt häufig über eine Nebenwirkung und deren Ursache, die sie z.B. in dem kürzlich verschriebenen Medikament sehen. Da diese Einschätzung allerdings oft unzutreffend ist und sich hier ggf. sogar rechtliche Konsequenzen ergeben, hat die Ärztekammer zur Sicherung der Kausalität von Arzneimittelnebenwirkungen zwei Anforderungen gestellt 33) (relevant für die offizielle Meldung einer Arzneimittel-Nebenwirkung). Eine Arzneimittelnebenwirkung wird als -mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit- gegeben angesehen, wenn die Nebenwirkung weitgehend plausibel und reproduzierbar ist. Reproduzierbarkeit ist gegeben, wenn die Nebenwirkung in zeitlichem Zusammenhang mit der Einnahme des in Frage kommenden Medikamentes auftritt. Dann nach Weglassen des Medikaments wieder verschwindet und dies mindestens einmal so wiederholt, also reproduziert wurde. In Anlehnung an diese medizinische Praxis wird hier dasselbe Verfahren angewendet.
- Ist die genannte Nebenwirkung: Schlafstörung durch den Betrieb von Windenergieanlagen in der Nähe bzw. Umkreis plausibel?
- Schlafstörungen sind die mit am Häufigsten geklagten Beschwerden von Windenergieanlagen-Anwohnern und dahingehend eine plausible mögliche Nebenwirkung.
- Die Schallwirkung von Windenergieanlagen ist für den Infraschall bei Windparks bis in über 100 km Entfernung und bis in die Stratosphäre [34] nachweisbar. Somit ist wissenschaftlich die Fernwirkung gerade des Infraschalls auf einen lebenden Organismus über Distanzen von Kilometern hinweg ebenfalls eine plausible Möglichkeit
- Ist die Nebenwirkung reproduzierbar?
Die vorliegende Studie definiert dieses Kriterium als reproduzierbar, wenn der folgende Zyklus mindestens 2x gegeben war:
Die Schlafstörungen beginnen in zeitlichem Zusammenhang mit dem Betrieb (Wind) oder Inbetriebnahme einer ggf. repowerten Anlage, und die Schlafstörungen enden in zeitlichem Zusammenhang mit dem Wegfall der Belastung (weitgehende Windstille, Abstellen der Anlagen oder Verreisen der Person aus dem Einflussbereich der Anlagen).
Wahrscheinlichkeit des kausalen Zusammenhangs:
Entsprechend der Kausalitätsanforderungen der Ärztekammer zu Arzneimittelnebenwirkungen ist bei gegebener Plausibilität und Reproduzierbarkeit mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ von einer Kausalität auszugehen. Im Medizinrecht (z.B. für gutachterlichen Äußerungen und deren juristischer Interpretationen [35] [36] wird der Ausdruck „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ mit einer über 99,7% bis 99,8%igen Wahrscheinlichkeit des positiven Kausalzusammenhanges interpretiert und im Medizinrecht juristisch auch so umgesetzt.
Wir konnten also in 76 Fällen jeweils eine über 99%ige Wahrscheinlichkeit des Zusammenhanges von chronischen Schlafstörungen mit dem Betrieb von Windenergieanlagen nachweisen. Unsere Fragestellung ist aber allgemeiner Natur, nämlich ob chronische Schlafstörungen generell in einem kausalen Zusammenhang mit den betriebenen Windenergieanlagen in behördlich erlaubten Abständen zur Wohnbebauung stehen können.
Damit ergibt sich für die Aussage:
-Es besteht ein kausaler Zusammenhang zwischen betriebenen Windenergieanlagen in behördlich erlaubten Abständen zur Wohnbebauung und chronischen Schlafstörungen bei dieser Gruppe von 76 Fällen von Anwohnern.-
eine Fehlerwahrscheinlichkeit von unter 0,00013 und für chronische Schlafstörungen Schweregrad 3 (58 Fälle) von unter 0,00017.
Das heißt, die Wahrscheinlichkeit, dass sich unter diesen Fällen kein einziger durch die Windkraft Erkrankter befindet, ist gleich null zu setzen. Es reicht also ein einziger Fall, um die Aussage des Umweltbundesamtes:
„Es besteht kein Anhalt für eine gesundheitsschädigende Wirkung durch den Betrieb von Windenergieanlagen in behördlich erlaubten Abständen“
zu widerlegen.
Diese Behauptung ist also mit sehr hoher Signifikanz falsifiziert.
[…]
Zentrale Aussagen zu Handlungsempfehlungen
Es gibt also nach Meinung des Untersuchers keinen berechtigten Grund, das recht eindeutige Ergebnis dieser Untersuchung anzuzweifeln.
Der Betrieb von Windenergieanlagen in behördlich erlaubten Abständen zur Wohnbebauung macht (einige) Menschen krank und geht damit über eine Störwirkung klar hinaus.
Ob und welche größeren Abstände die Menschen vor dieser krank machenden Wirkung schützen können, ist damit nicht geklärt. Die sog. Akzeptanz-Steigerungs-Maßnahme, weniger, dafür aber leistungsstärkere Anlagen bei unveränderten Abständen errichten zu wollen, erweist sich eher als eine besondere Bedrohung der Gesundheit der Bevölkerung.
Fazit
Diese Untersuchung weist nach, dass Anwohner durch den Betrieb von Windenergieanlagen in behördlich erlaubten Abständen bereits erkrankt sind und durch die Anlagen erkranken können.
Damit geht es nicht mehr um eine Störwirkung, wie sie die TA-Lärm abhandelt.
Der zu erwartende Umfang und das Ausmaß der wahrscheinlich bereits gesetzten gesundheitlichen Schädigung der Bevölkerung ist aus epidemiologischer Sicht erheblich und der finanzielle Schaden kaum abzuschätzen. Bei weiterem Ausbau der Windenergie mit Anlagen höherer Leistungen ist mit einer dramatischen Zunahme von gesundheitlich Geschädigten zu rechnen.
Parallel kommt es durch den Windenergieausbau zu erheblichen sozialen Verwerfungen innerhalb der ländlichen Gemeinden, in die der Konflikt zwischen den durch die Windkraft massiv Bevorteilten und den massiv Geschädigten hineingebracht wird. Eine Entschädigung der Betroffenen wird letztlich auch durch die beharrliche Positionierung des Umweltbundesamtes verhindert, das gesundheitliche Schäden durch den Windenergieanlagen-Betrieb generell negiert.
Die gesundheitlichen Schädigungen hätten durch geeignete Maßnahmen frühzeitig erkannt werden können. Doch direkt zielführende Untersuchungen wurden nicht durchgeführt, im Sinne des Vorsorgeprinzips längst fällige Forschung kaum betrieben und die fachlichen Diskussionen vom rundproblem abgelenkt. Die Befürchtung liegt daher nahe, dass aufgrund von Interessenskonflikten der Politik, Probleme mit der Umsetzung der Energiewende heruntergespielt und nicht wahrgenommen werden wollen und sollen.
Die TA-Lärm ist in keiner Weise ein geeignetes Instrument, um die gesundheitsschädigende Belastung durch den Betrieb der Windenergieanlagen abzuschätzen.
Neben einem sofortigen Ausbaustopp der Windenergie, um weiteren Schaden von der Bevölkerung abzuwenden, ist eine Stilllegung der bereits errichteten klar gesundheitsgefährdenden Anlagen zu fordern.
Und wir brauchen umgehend das von vielen Seiten aus unterschiedlichsten Gründen geforderte Moratorium, um eine Neuausrichtung der Energiepolitik angehen zu können. Dazu gehört allerdings die Fähigkeit der Politik, eigene Versäumnisse zu erkennen und die Bereitschaft daraus zu lernen.
Ein blinder Aktionismus mit einem überhasteten Ausbau der Windenergie bringt uns immer weiter in eine Sackgasse hinein und hinterlässt immer größere und nachhaltigere Schäden. Und wir haben, entgegen anderen Aussagen, die Zeit 56) für ein solches Moratorium und eine Neuausrichtung der Energiepolitik.
Interessenkonflikte
[…]
Literaturhinweise und Anlagen
[…]
Alles lesen!
Hier einige von vielen zentralen Aussagen und Forderungen, die von Ihnen zitiert, Hilfestellung für Ihre Auseinandersetzungen mit den Genehmigungsbehörden, aber auch Politikern und Medien geben können:
Bedeutung des Ergebnisses
„In jedem Fall muss dieses Ergebnis eine Reaktion bei den politisch Verantwortlichen und beim Umweltbundesamt auslösen, das nicht mehr behaupten darf, es gebe keinen Anhalt für eine gesundheitliche Belastung der Anwohner in den behördlich erlaubten Abständen.
Aus dem Vorsorgeprinzip heraus ist zu fordern, dass ein sofortiger Ausbaustopp von Windenergieanlagen in Deutschland erfolgt und bestehende klar gesundheitsschädigende Anlagen sofort stillgelegt werden.“
Mit großem Dank an Stephan Kaula für die Studie und das besondere persönliche Engagement unter dem Einsatz hoher arbeitstechnischer, zeitlicher und finanzieller Belastungen –
Dieser Dank gilt auch Heike Kaula für ihre unermüdliche Mitarbeit und allen Schallopfern für Ihre Zeugenaussagen!
JR
DSGS – Deutsche Schutz-Gemeinschaft Schall für Mensch und Tier e.V.
Frau und Herrn Kaula herzlichsten Dank!
Man hätte vielleicht noch klarer rausstellen können, daß man selbst in Gebäuden keinen Schutz vor Infraschall findet und daß sich dieser nicht nur über die Luft, sondern auch über den Boden ausbreitet.
Manche Betroffene bezeichnen es wohl zurecht als Folter und Qual, der sie fortwährend ausgesetzt sind.
In der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gibt es einen Artikel 4, der da lautet: „Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.“
Wieso dürfen dann Menschen mittels Infraschall und Lärm von WEA dauerhaft gequält werden?