Studie des DLR: Insektenvölker durch WEA geschädigt

Erste Schätzungen deuten auf 1.200 Tonnen Anhaftungen toter Insekten an WEA pro Sommersaison hin, fünf Prozent von 24.000 Tonnen

Das in Artikel 20a des Grundgesetzes festgeschriebene Vorsorgeprinzip schreibt die Umsetzung von Präventionsmaßnahmen bei erheblichem potenziellen Schaden vor, auch wenn die Evidenz laut UBA noch gering ist. Bislang wurde dieses Prinzip in Bezug auf mögliche Störungen fliegender Insekten durch Windparks nicht angewendet.“

Fluginsekten – Studie zu Wechselwirkungen von Fluginsekten und Windparks

DLR-Institut für Technische Thermodynamik

Auftraggeber: DLR-Intern (Anm. der Red: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt)

Kooperation: DLR-Institut für Technische Thermodynamik, DLR-Institut für Physik der Atmosphäre, DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik, Institut für Zoologie der Universität Hohenheim, Fraunhofer Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik, Entomologischer Verein Krefeld e.V., Zoologisches Institut der Universität Kiel, Zoologisches Forschungsmuseum Alexander Koenig

Laufzeit: 10.2017 – 10.2018

Kontakt: Franz Trieb

Hintergrund:

Die aktuelle Diskussion über einen Rückgang der Fluginsekten sowie Berichte über Effizienzverluste von Windkraftanlagen aufgrund von Verschmutzungen der Rotorblätter mit Insektenresten legen eine Überprüfung beider Phänomene bezüglich eines möglichen Zusammenhangs nahe. Erste Recherchen ergaben, dass ausgewachsene, flugfähige Insekten kurz vor der Eiablage in großen Schwärmen hohe, schnelle Luftströmungen aufsuchen, um sich vom Wind zu entfernten Brutplätzen tragen zu lassen. Die Jahrmillionen alten Pfade, die sie dabei nutzen, werden seit etwa 30 Jahren zunehmend von den Rotoren großer Windkraftanlagen gesäumt, deren Rotorblätter mit Blattspitzengeschwindigkeiten von mehreren hundert Stundenkilometern die Luft durchschneiden, wobei eine bisher unbekannte Menge an Fluginsekten verletzt wird.

Im Rahmen der Studie wurde eine umfangreiche Literaturrecherche durchgeführt, um das Verständnis möglicher Wechselwirkungen von Fluginsekten und Windparks zu vertiefen. Interdisziplinäre Informationen aus Entomologie, Windenergietechnik und Atmosphärenphysik wurden ausgewertet, um erste Erkenntnisse über diese Zusammenhänge zu gewinnen. Weiterhin wurde eine Modellanalyse durchgeführt, um den saisonalen Luftdurchsatz und die durch die Rotoren des deutschen Windparks getragene Menge an Fluginsekten sowie die dabei entstehenden Schäden in erster Näherung zu quantifizieren.

Interferenzen fliegender Insekten und Windparks (FliWip)

Studienbericht, Oktober 2018S von Dr. Franz Trieb

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Institut für Technische Thermodynamik | Systemanalyse und Technikbewertung
franz.trieb@dlr.de
Dr. Franz Trieb

Der Studienbericht kann von der Website heruntergeladen werden:

Zusammenfassung

Die Studie untersucht mögliche Kohärenz der kürzlich in Deutschland entdeckten Verluste von fliegenden Insekten und das Auftreffen von Insekten auf die Rotorblätter von Windkraftanlagen.
Belege aus der Literatur bestätigen, dass wandernde Insekten elektrostatische Luftströme über der turbulenten Oberflächenschicht der Atmosphäre bilden, um sie effizient in Brutgebiete zu verlagern.

Windkraftprojektierer wählen Standorte mit starkem Wind und installieren hohe WEA direkt über der Oberflächenschicht, um die Energieeffizienz ihrer Windkraftanlagen zu optimieren.
Infolge dieses Zusammentreffens ist in Windparks mit einer großen Anzahl fliegender Insekten zu rechnen.

Eine Modellberechnung der Menge an Insektenbiomasse, die die Windrotoren während des Betriebs durchquert, liefert eine erste Schätzung die Größenordnung von 24.000 Tonnen Insekten, die während der Sommersaison durch deutsche Windparks  fliegen.

Basierend auf konservativen Modellannahmen könnten fünf Prozent der durch die Rotoren fliegenden Insekten tatsächlich geschädigt werden. [Anm. d. Red.: Nicht berücksichtigt in dieser Studie wurden Wirbelschleppen (z.B. hier und hier), die über mehrere Kilometer hinweg an Windparks eine Gefahr für Fluginsekten darstellen] Der damit verbundene Verlust von 1.200 Tonnen pro Jahr seit mehr als fünfzehn Jahren könnte für die Stabilität der Insektenvölker von Bedeutung sein.

Arten, die in kritischen Rotorhöhen zwischen 20 und 220 Metern über dem Bodenniveau fliegen, zusätzlich zu den bereits in dieser Studie entdeckten Arten, sollten dringend durch DNA-Meta-Barcoding der Anhaftungen identifiziert werden, die regelmäßig auf Rotorblättern gefunden werden.
Darüber hinaus sollten Windparks sich nähernde Insektenschwärme erkennen und entsprechend im Sinne ihres Schutzes und ihrer Erhaltung reagieren.
[…]

Schlussfolgerungen

Die Studie zielt darauf ab, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass die Erzeugung von Windenergie eine der möglichen Ursachen für den Verlust von Insektenbiomasse in mehreren Naturschutzgebieten in Deutschland ist.

Die Größenordnung der durch Windenergieerzeugung verursachten Insektenverluste wurde erstmals theoretisch quantifiziert.
Verluste durch Insektizide, Herbizide, Monokulturen, Verkehr, leichte Kontamination, Klimawandel und Urbanisierung sind noch nicht quantifiziert worden. Aus diesem Grund ist es unmöglich zu sagen, in welchem Ausmaß die unterschiedlichen Einwirkungen für den Rückgang der Insekten verantwortlich sind oder welche die schädlichste ist. In jedem Fall addieren sich wahrscheinlich alle Einwirkungen auf die Insektenpopulation.
Die Menge gefährdeter Insektenbiomasse von mehreren tausend Tonnen pro Jahr ergab sich aus der einfachen Massenbilanz unter konservativen Annahmen der großen Anzahl von Arten in allen Taxa, zusammen mit der hohen Insektendichte, die auf kritischen Rotorhöhen gefunden wurden. Sichtbare Hinweise auf eine unzählige Anzahl von Insekten, die seit mehr als dreißig Jahren von Windrotorblättern getötet werden, erfordern eine eingehende Bewertung aller möglichen beteiligten Wechselwirkungen und eine empirische Überprüfung der theoretischen Schätzung von etwa einer Billion getöteter Insekten pro Jahr in deutschen Windparks.

Auf der anderen Seite hätten deutsche Windparks ein erhebliches Minderungspotenzial in Bezug auf Insektenverluste von bis zu 3.600 Tonnen pro Jahr, was in der Praxis einen wesentlichen Beitrag zum Schutz der Wildtiere leisten würde. Die Identifizierung betroffener Taxa durch DNA-Meta-Barcodierung von Insektenanhaftungen auf Rotorblättern und die empirische Quantifizierung von Verlusten durch umfassendes Monitoring an Windparks sind dringend erforderlich. Als nächstes müssen Schritte zu mehr Bewusstsein und Verständnis für das Problem unternommen werden, unmittelbar gefolgt von der Entwicklung und Einführung wirksamer Gegenmaßnahmen.

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Windwahn-Erfahrungen

Beim Umzug aufs Land, 1994, fanden wir noch eine intakte Avifauna mit besonders hoher Biodiversität vor, die damals für uns ein Kaufargument war und eine wichtige Voraussetzung zur Erfüllung unseres Traumes vom  Leben und Arbeiten auf dem Land war, inmitten feuchtem Grünlandes, Mooren, Gewässern, Gehölzen und fruchtbaren Marschböden – eine gesunde Natur.
Grünländereien als Nahrungsquelle für grasende Weidetiere, Blühsträucher, rustikale heimische Gehölze und Blumengärten, saubere Böden dank der Abwesenheit von Pestiziden und dem relativ maßvollen Güllen, eine gute Wasserqualität, alte Baumbestände mit Totholz und alte Gebäude und damit viele Habitate für Insekten, Fledermäuse und Vögel boten der Fauna beste Lebensbedingungen.
Mit der Errichtung von immer mehr WEA zog sich die Avifauna zurück, wurde per Vogelschlag und Barotrauma getötet und für neue WEA-Projekte von Profiteuren vergrämt, vergiftet und erschossen.
Die stummen Frühlinge bezogen sich nicht nur auf das Verschwinden vieler Vogelarten, sondern auch auf das Summen der verschiedenen Bienenarten, Käfer etc.

Nachdem 2013 die unserem Grund am nächsten stehenden WEA abgebaut wurden, enstand trotz der vielen WEA-Zubauten im etwas weiteren Radius um uns herum eine sehr große windkraftfreie Fläche, auf der sich der Bestand der Avifauna, aber auch der Amphibien, Bilche, und Kleinsäuger innerhalb von 2 Jahren  erholte und heute wieder eine erstaunliche Artenvielfalt aufweist.
Auch gerade Schmetterlinge, Nachtfalter, Bienen, Hummeln, Hornissen, Käfer, Libellen treten wieder massenhaft auf und es sind Arten hinzugekommen, die wir auch 1994 hier nur noch sehr selten gesehen hatten.
JR

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3 Kommentare

  1. Hallo Frau Reinhardt,
    mit großem Interesse habe ich den Beitrag über die Studie des DLR
    – Insektenvölker durch WEA geschädigt – gelesen. Nachdem ja in Bayern ein Volksbegehren „Rettet die Bienen“ sehr erfolgreich durchgeführt wurde ist es natürlich sehr interessant was da erforscht wurde. Durch viele Leserbriefe in allen Zeitungen wurde heftig über das Pro und Kontra des Volksbegehrens diskutiert. Besonders der Bauernverband mit den dazugehörigen Mitgliedern war sehr erbost, weil sich dieses Volksbegehren angeblich ausschließlich gegen sie richtete. Das war allerdings nicht so und man hat, sofern man sich richtig informiert hat, sofort feststellen können, das neben der fehlgeleiteten Agrarpolitik auch noch viele andere Faktoren eine Ursache für den Insektenrückgang sind.

    Allerdings die WKA wurden in diesem Zusammenhang nicht diskutiert obwohl sie meiner, seit mehreren Jahren gefassten, Meinung nach auch eine der vielen Ursachen für den Insektenrückgang sind. Ich fühle mich daher von dem Bericht des DLR bestätigt und hoffe, dass da endlich in der Politik und bei den Bauern mit ihrer starken Lobby auch einmal ein Augenmerk darauf gelenkt wird.

    Was mich in diesem Bericht noch interessiert sind Ihre Windwahn- Erfahrungen über die Erholung der Avifauna nach dem Rückbau von WEA in Ihrer Nähe.
    Wie viele Meter sind die nächsten WEA jetzt nach dem Rückbau von Ihnen entfernt? Das interessiert mich aus Gründen des Naturschutzes sehr und ich würde das gerne bei meinen Erkundungen in Richtung Artenschutz nachforschen. Ich wohne auf einem Einzelgehöft ca. 950m von 4 WEA Enercon E101 entfernt.

    Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort und herzliche Grüße aus Bayern

    Hans Huber

  2. Es sind nicht nur die Windkraftanlagen sondern auch das versprühen von Chemtrails und das einschalten von HAARP Anlagen, die größte davon an der Küste von der Ostsee.

  3. Vielen Dank für diesen wichtigen Artikel! Leider wird dieses Thema in öffentlichen Diskussionen nicht erwähnt! (so gesteuert)? Um so mehr Multiplikatoren brauchen wir! Danke für Ihre wichtige Arbeit!

Kommentare sind geschlossen.