Artenschützer und klagewillige Naturfreunde aufgepasst:
Wichtige Vorabentscheidung durch Generalanwalt des EUGH zugunsten der Kornweihe in Irland
IRL: Schutz der Kornweihe und ihres Lebensraumes höher bewertet als millionenschweres Windkraftprojekt mit 16 WEA
„Vorlage zur Vorabentscheidung– Umwelt – Richtlinie 92/43/EWG – Art. 6 Abs. 3 – Richtlinie 2009/147/EG – Prüfung der Verträglichkeit eines Windparkprojekts mit einem besonderen Schutzgebiet – Kornweihe (Circus cyaneus) – Schadensbegrenzende Maßnahmen“
Worum geht es?
In der Rechtssache C‑164/17 klagen Edel Grace und Peter Sweetman aus Tipperary, Irland gegen die Genehmigungsbehörde An Bord Pleanála, nachdem diese dem Antrag von ESB Wind Development und Coillte auf Genehmigung eines Windkraftprojektes in einem Gebiet stattgegeben hatte, das nach der Richtlinie 2009/147/EG (Vogelschutzrichtlinie) ausdrücklich zum Schutz der Kornweihe ausgewiesen ist, in zwei Instanzen. Schließlich stellt das Supreme Court, der Oberste Gerichtshof in Irland ein Vorabentscheidungsersuchen an den EUGH.
Wir alle, die wir uns in Deutschland und weltweit für den Artenschutz und gegen die Windkraft engagieren erleben Fälle wie diesen immer wieder.
Die Genehmigungsbehörden arbeiten Hand in Hand mit Windkraftprojektierern und den, von diesen in beauftragten und bezahlten Gutachtern, was ansich bereits ein Unding ist und umgehend abgeschafft gehört. Seltene, gefährdete Arten werden regelmäßig „übersehen“, vergrämt, getötet oder ihre Habitate zerstört von Landverpächtern, Betreibern und – ja – auch von Gutachtern, wie der Fall im Bastwald bei Brauerschwend im hessischen Vogelsbergkreis jüngst gezeigt hat.
Die Politik tut das ihre dazu, indem sie Schutzradien und Sicherheitsabstände um Habitate minimiert läßt (z.B. Robert Habeck in SH, der “ Ich bin für Energiewende und Naturschutz zuständig“- Minister- „und ich kann Ihnen versichern, dass mit mir die Energiewende nicht am Naturschutz scheitern wird“), nicht gesetzeskonform gegen Naturfrevel, Verletzungen von Genehmigungsauflagen durch Projektierer, Betreiber und Landverpächter etc. vorgegangen wird, das Tötungsverbot von einer Bundesumweltministerin aufgeweicht wird, also regelmäßig gegen Art. 20a des Grundgesetzes und gegen die Europäischen Vogelschutzrichtlinien verstoßen wird.
[box title=““ border_width=“3″ border_color=“#70ad00″ border_style=“solid“ icon=“exclamation“ icon_style=“border“ icon_shape=“box“ align=“justify“ text_color=“#000000″]Hier haben wir die Gelegenheit, aus der Argumentation des Generalanwaltes des EUGH (und auch des irischen Supreme Court) zu lernen und uns die Auslegung des Artikel 6 Absatz 3 zu eigen zu machen, um auch bei uns, im Land des totalen Windkraftwahns, unsere geschützten Arten und ihre Habitate, sowie die ausgewiesenen Schutzgebiete vor einem fälschlich genehmigten Zugriff durch Windkraftprofiteure und hilfswillige Behörden zu bewahren.[/box]
Peter Sweetman hat die Entscheidung auf seiner Facebookseite veröffentlicht und die Irish Mail on Sunday hat über Edel Grace berichtet (hier und hier).
Mit Dank an alle irischen Kläger, Mitstreiter und an Greta für die Info!
Da dieser Fall spannend und hilfreich zugleich ist und wir hoffen, dass viele deutsche Artenschützer und Mitstreiter sich im Sinne und zum Schutz der Natur (natürlich auch zum eigenen, also auch für Nimbys und Nimfs!) zur Nachahmung inspiriert fühlen, veröffentlichen wir einige Teile aus der Dokumention von InfoCuria – Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs – mit dem Hinweis, dass sich das Lesen des vollständigen Vorgangs und des Ergebnisses wirklich lohnt!
JR
[box title=““ border_width=“3″ border_color=“#70ad00″ border_style=“solid“ icon=“exclamation“ icon_style=“border“ icon_shape=“box“ align=“justify“ text_color=“#000000″]On those grounds, the Court (Second Chamber) hereby rules:
Article 6 of Council Directive 92/43/EEC of 21 May 1992 on the conservation of natural habitats and of wild fauna and flora must be interpreted as meaning that, where it is intended to carry out a project on a site designated for the protection and conservation of certain species, of which the area suitable for providing for the needs of a protected species fluctuates over time, and the temporary or permanent effect of that project will be that some parts of the site will no longer be able to provide a suitable habitat for the species in question, the fact that the project includes measures to ensure that, after an appropriate assessment of the implications of the project has been carried out and throughout the lifetime of the project, the part of the site that is in fact likely to provide a suitable habitat will not be reduced and indeed may be enhanced may not be taken into account for the purpose of the assessment that must be carried out in accordance with Article 6(3) of the directive to ensure that the project in question will not adversely affect the integrity of the site concerned; that fact falls to be considered, if need be, under Article 6(4) of the directive.[/box]
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=204392&pageIndex=0&doclang=en&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=817719
Aus den SCHLUSSANTRÄGEN DES GENERALANWALTS EVGENI TANCHEV
vom 19. April 2018
Generalanwälte am Europäischen Gerichtshof unterstützen die Richter des Europäischen Gerichtshofs in ihrer Entscheidungsfindung, Evgeni Tanchev ist einer von ihnen und für diesen Fall zuständig.
I. Einleitung
1. Die Kornweihe (Circus cyaneus) ist ein charakteristischer Vogel, der u. a. für sein sogenanntes „Skydancing“ bekannt ist, bei dem er durch Schrauben, Drehen und Loopings Luftakrobatik vollführt, um einen Partner anzulocken(2).
2. ESB Wind Development und Coillte beabsichtigen den Bau eines Windparks in Keeper Hill, County Tipperary, in einem Gebiet, das nach der Richtlinie 2009/147/EG (im Folgenden: Vogelschutzrichtlinie)(3) ausdrücklich zum Schutz der Kornweihe ausgewiesen ist.
3. Die irische Behörde An Bord Pleanála (Beschwerdeausschuss in Planungssachen) hat ihnen die Genehmigung dafür erteilt, u. a. weil sie der Auffassung ist, dass die von den Entwicklern im Rahmen eines Bewirtschaftungsplans für Arten und Lebensräume (im Folgenden: Bewirtschaftungsplan*) vorgeschlagenen Maßnahmen den Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG** (im Folgenden: Habitatrichtlinie)(4) genügen, wonach An Bord Pleanála als zuständige einzelstaatliche Behörde feststellen muss, dass die Entwicklung des Windparks das für die Kornweihe ausgewiesene Gebiet nicht beeinträchtigt.
4. Frau Edel Grace und Herr Peter Sweetman (im Folgenden: Rechtsmittelführer) sind damit nicht einverstanden. Sie sind der Ansicht, dass die Anforderungen von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie unter den vorliegenden Umständen nicht erfüllt worden seien. Sie haben Klage bei den irischen Gerichten erhoben und die von An Bord Pleanála erteilte Genehmigung angefochten. Der Rechtsstreit ist nunmehr beim Supreme Court (Oberster Gerichtshof, Irland) anhängig, der zur Entscheidung des Streits ein Vorabentscheidungsersuchen eingereicht hat.
5. Der Gerichtshof hat bereits Gelegenheit gehabt, den Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie zu prüfen. Wegen der Besonderheiten des Lebensraums der Kornweihe und der Art und Weise, wie er durch menschliche Eingriffe gepflegt wird, unterscheidet sich der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens jedoch von denen früherer Verfahren.
6. Auch ist dies nicht der erste Fall vor dem Gerichtshof, in dem es um das Spannungsfeld zwischen der Förderung von Windenergie und dem Vogelschutz geht, die beide lobenswerte Maßnahmen sind, die zum Umweltschutz beitragen(5). Da es erforderlich ist, die zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien wie z. B. Windkraft durch die Mitgliedstaaten und den nach der Habitatrichtlinie gewährten Schutz von Lebensräumen und Arten wie der Kornweihe zu vereinbaren, bietet diese Rechtssache dem Gerichtshof eine gute Gelegenheit, seine Rechtsprechung zu Art. 6 der Habitatrichtlinie fortzubilden.
[…]
[…]
Ergebnis
81. In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die vom Supreme Court (Oberster Gerichtshof, Irland) gestellte Vorlagefrage wie folgt zu antworten:
Für den Fall, dass
a) der wesentliche Zweck eines Schutzgebiets darin liegt, einer bestimmten Art Lebensraum zu bieten,
b) die Natur des für diese Art günstigen Lebensraums bedeutet, dass sich der günstige Teil des Gebiets zwangsläufig mit der Zeit verändert, und
c) als Teil eines beantragten Projekts ein Bewirtschaftungsplan für das Gebiet als Ganzes (einschließlich Änderungen bei der Bewirtschaftung von Teilen des Gebiets, die nicht unmittelbar von dem Projekt selbst betroffen sind) zu erstellen ist, der darauf ausgelegt ist, sicherzustellen, dass die Größe des als Lebensraum geeigneten Gebiets zu keinem Zeitpunkt verkleinert wird, sondern sogar vergrößert werden kann, aber
d) bei einem Teil des Gebiets für die Dauer des Projekts ausgeschlossen ist, dass er einen geeigneten Lebensraum bieten kann,
können Maßnahmen wie die unter Buchst. c beschriebenen nicht als Schutzmaßnahmen im Rahmen eines Plans oder Projektes angesehen werden, die darauf ausgelegt sind, unmittelbare nachteilige Auswirkungen auf das Gebiet zu vermeiden oder zu verringern, so dass sichergestellt ist, dass dieser Plan bzw. dieses Projekt das Gebiet als solches nicht im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen beeinträchtigt.
Kurz gesagt: Vom Projektierer vorgeschlagene Maßnahmen (hier Bewirtschaftungsplan), die ein zum Schutz einer bestimmten Art (hier Kornweihe) ausgewiesenes Gebiet zum Nachteil der zu schützenden Art verändern, indem sie es verkleinern, dort Strukturveränderung und Einschränkung der spezifischen Funktion zum Erhalt des Lebensraumes vornehmen, so dass durch Störungen und Vergrämung die Populationsdynamik und den Erhaltungszustand der Art nachteilig beeinflußt wird, dazu die ökologische Funktion des Gebietes als solche und innerhalb eines Netzes von Schutzgebieten beeinträchtigt, können im Falle ihrer Umsetzung nicht mehr im Sinne von Artikel 6 Absatz 3 der (Vogelschutz-)Richtlinie 92/43/EWG akzeptiert werden.
[box title=““ border_width=“3″ border_color=“#70ad00″ border_style=“solid“ icon=“exclamation“ icon_style=“border“ icon_shape=“box“ align=“justify“ text_color=“#000000″]Noch kürzer: Ein Windkraftprojekt inmitten einer Schutzzone zur Erhaltung einer bestimmten Art verstößt gegen Art.6 Abs.3 der RL 92/43/EWG – Ergo: Eine Genehmigung durch die Behörden widerspricht der EU-Vogelschutzrichtlinie und somit dem EU-Recht![/box]
Nützliche Leitsätze im Überblick:
„Die Mitgliedstaaten haben präventive Maßnahmen zur Verhinderung von Verschlechterungen und Störungen, die in Verbindung mit einem voraussehbaren Ereignis eintreten können, zu ergreifen. Diese Maßnahmen gelten nur für die Arten und Lebensräume, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, und sollten soweit notwendig auch außerhalb dieser Gebiete umgesetzt werden.„
Störungen, die zu solchen Veränderungen bei den Indikatoren des Erhaltungszustands der geschützten Arten führen, daß der Erhaltungszustand der betreffenden Arten nachteilig beeinflußt wird, werden analog einer Verschlechterung bewertet.“
„Störungen der in einem Gebiet vorkommenden Art sind dann gegeben, wenn aus den Daten über die Populationsdynamik für dieses Gebiet erkennbar ist, daß die Art im Gegensatz zur Ausgangssituation auf Dauer kein lebensfähiges Element des Lebensraums mehr bilden kann.
Die Bewertung erfolgt anhand des Beitrags des Gebiets zur Kohärenz des Netzes.“
„Eine Verschlechterung des Lebensraums in einem Gebiet tritt dann ein, wenn sich die Fläche, die der Lebensraum in dem jeweiligen Gebiet einnimmt, verringert oder die spezifische Struktur und die spezifischen Funktionen, die für den langfristigen Fortbestand notwendig sind oder der gute Erhaltungszustand der für den Lebensraum charakteristischen Arten im Verhältnis zum Ausgangszustand beeinträchtigt werden.
Die Bewertung erfolgt anhand des Beitrags des Gebiets zur Kohärenz des Netzes.“
Kapitel 4 Artikel 6 Absatz 3
„Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind,
die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten,
erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse
der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt
nur zu, wenn sie festgestellt haben, daß das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die
Öffentlichkeit angehört haben.“
Einer der Punkte, die von den Klägern ebenfalls moniert wurden, war die Mißachtung der Ảrhus-Konvention im Sinne mangelnder Transparenz und Beteiligung der Öffentlichkeit!
Ein andauernder Mangel, den wohl alle Betroffenen kennen, deren Gemeinden mit der, in der Branche üblichen rücksichtslosen Agressivität überfallen werden, um ein Windkraftprojekt unter größter Verheimlichung und Vertuschung gegenüber den künftigen Anwohnern durchzusetzen, um die Projektrealisierung ohne Widerstand umsetzen und in Eintracht mit der Politik behaupten zu können, es gäbe keinen Widerstand.
JR
In Artikel 6 Absatz 3 und Artikel 6 Absatz 4 werden die Bedingungen genannt, unter denen Pläne und Projekte mit negativen Auswirkungen zulässig oder unzulässig sein können. Ungeachtet dessen müssen Tätigkeiten, die nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 6 Absatz 3 fallen, mit den Bestimmungen von Artikel 6 Absatz 1 – bzw. im Falle von SPA mit Artikel 4 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates – und mit Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vereinbar sein
Die Anhörung der Öffentlichkeit sollte unter Berücksichtigung der Bestimmungen in der Richtlinie 85/337/EWG und der Konvention von Aarhus betrachtet werden.
Die Beeinträchtigung eines „Gebiets als solches“ bezieht sich auf dessen ökologische Funktionen. Die Entscheidung, ob eine Beeinträchtigung vorliegt, sollte sich auf die für das Gebiet festgelegten Erhaltungsziele konzentrieren und auf diese beschränkt bleiben.
Kapitel 5 Artikel 6 Absatz 4
5.1 Wortlaut
„Ist trotz negativer Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art ein Plan oder Projekt durchzuführen und ist eine Alternativlösung nicht vorhanden, so ergreift der Mitgliedstaat alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen, um sicherzustellen, daß die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt ist. Der Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission über die von ihm ergriffenen Ausgleichsmaßnahmen.
Ist das betreffende Gebiet ein Gebiet, das einen prioritären natürlichen Lebensraumtyp und/oder eine prioritäre Art einschließt, so können nur Erwägungen im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit oder im Zusammenhang mit maßgeblichen
günstigen Auswirkungen für die Umwelt oder, nach Stellungnahme der Kommission, andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses geltend gemacht werden“.
„Die Bestimmungen von Artikel 6 Absatz 4 sind anzuwenden, wenn die Ergebnisse der gemäß Artikel 6 Absatz 3 durchzuführenden Erstprüfung negativ bzw. zweifelhaft sind. Die Reihenfolge der Schritte ist einzuhalten.“
„Entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip ist es Sache der zuständigen einzelstaatlichen Behörden, die notwendigen Vergleiche zwischen diesen Alternativlösungen anzustellen. Es sei hervorgehoben, daß die Bezugsparameter für diese Vergleiche sich mit Aspekten der Erhaltung und Bewahrung des Gebiets vor Beeinträchtigungen und seinen ökologischen Funktionen befassen. In diesem Stadium können daher andere Bewertungskriterien, wie z. B. wirtschaftliche Kriterien, nicht als den Umweltschutz überwiegende Kriterien verstanden werden.„
1.1 Stellung im Gesamtsystem der Richtlinien 92/43/EWG und 79/409/Ewg wie auch innerhalb eines weiteren Rahmens
Ziel der Richtlinie:„zur Sicherung der Artenvielfalt durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, für das der Vertrag Geltung hat, beizutragen“ und „Erhaltung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten“
Das Kapitel „Erhaltung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten“ ist der anspruchsvollsten und weitreichendsten Aufgabenstellung der Richtlinie gewidmet: Schaffung und Erhaltung eines Netzes von Schutzgebieten, das als „Natura 2000“ bezeichnet wird. In diesem Kapitel werden in Artikel 6 die Bedingungen für die Erhaltung und Verwaltung der Schutzgebiete von Natura 2000 aufgeführt.
Aus dieser Sicht gehört Artikel 6 zu den wichtigsten der insgesamt 24 Artikel der Richtlinie, da er das Verhältnis zwischen Erhaltung und Landnutzung am deutlichsten beeinflußt.
Artikel 6 ist ein wichtiger Teil des mit „Erhaltung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten“ überschriebenen Kapitels der Richtlinie 92/43/EWG. Er beschreibt den Rahmen für die Erhaltung und den Schutz von Gebieten und umfaßt nach vorn gerichtete, präventive und prozedurale Anforderungen. Ferner ist der Artikel für die auf der Grundlage der Richtlinie 79/409/EWG ausgewiesenen besonderen Schutzgebiete (SPA) wie auch die Gebiete entsprechend Richtlinie 92/43/EWG von Bedeutung. Auch stellt Artikel 6 ein entscheidendes Hilfsmittel bei der Verwirklichung des Integrationsprinzips im Bereich des Umweltschutzes und letztendlich für die Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung dar.
In Artikel 6 Absätze 3 und 4 geht es um die auf besondere Bedingungen anzuwendende Verfahrensweise.
Global gesehen, spiegeln die Bestimmungen in Artikel 6 die allgemeine Orientierung entsprechend den Erwägungsgründen der Richtlinie wider. Hierzu gehört die Notwendigkeit der Förderung der biologischen Vielfalt durch Erhaltung oder Wiederherstellung eines „günstigen Erhaltungszustands“ bestimmter natürlicher Lebensräume und Arten in den Gebieten vonNatura 2000, wobei jedoch die wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und regionalen Erfordernisse berücksichtigt werden. Damit wird ein Beitrag zum Ziel der nachhaltigen Entwicklung geleistet.
Kapitel 3 Artikel 6 Absatz 2
„Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung dernatürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie
Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden, sofern solche Störungen sich im Hinblick auf die Ziele dieser Richtlinie erheblich auswirken könnten.“
Zu Beginn des Artikels wird auf das Vorsorgeprinzip verwiesen: „Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung …
sowie Störungen …zu vermeiden …“.
3.2 Anwendungsbereich
Zu Beginn des Artikels wird auf das Vorsorgeprinzip verwiesen: „Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung … sowie Störungen zu vermeiden …“.
Diese Maßnahmen gehen über die einfachen, für die Erhaltung erforderlichen Bewirtschaftungsmaßnahmen, die bereits in Artikel 6 Absatz 1 erfaßt sind, hinaus. Die Begriffe „vermeiden“ und „erheblich auswirken könnten“ unterstreichen das antizipatorische Wesen der zu ergreifenden Maßnahmen. Die Maßnahmen sind zu ergreifen, bevor es zu einer Verschlechterung oder zu Störungen kommen kann (siehe die Auslegung der in Artikel 6 Absatz 3 verwendeten Formulierung „erheblich beeinträchtigen könnten“ unter Punkt 4.4.2).
Im vorliegenden Artikel werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, alle geeigneten Maßnahmen, die von ihnen in einem angemessenen Rahmen erwartet werden können, zu ergreifen, um erhebliche Verschlechterungen oder Störungen zu verhindern.
Während Artikel 6 Absätze 3 und 4 nur auf Pläne und Projekte anwendbar sind, die einer Genehmigung unterliegen, hat dieser Artikel einen breiteren Anwendungsbereich. So gilt er auch für Aktivitäten, die nicht notwendigerweise vorher zu genehmigen sind, wie beispielsweise die Landwirtschaft oder die Fischerei.
NATURA 2000
1.3 Umsetzung von Artikel 6 in einzelstaatliches Recht:Die Pflicht zur Umsetzung
Die Bestimmungen von Artikel 6 sind in einzelstaatliches Recht umzusetzen (d. h., sie müssen Gegenstand einzelstaatlicher Rechtsvorschriften werden, die den in Artikel 6 aufgeführten Anforderungen Rechnung tragen). Somit gehören sie zum Anwendungsbereich von Artikel 23 der Richtlinie, in dem es heißt: „Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie binnen zwei Jahren nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen“. Diese Frist lief am 10. Juni 1994 (bzw. 1. Januar 1995 für Österreich,
Schweden und Finnland) ab.
Links zum Nachforschen:
Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen
https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:31992L0043:DE:HTML&linkext
Richtlinien und naturschutzfachliche Anforderungen, die in der FFH- und Vogelschutzrichtlinie verankert sind
https://www.bfn.de/themen/natura-2000/richtlinien-grundsaetze.html#c71798
Natura 2000
https://www.bfn.de/themen/natura-2000.html
Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie
http://www.fauna-flora-habitatrichtlinie.de/
Anhang IV und V der FFH-Richtlinie
Liste der in Deutschland vorkommenden Arten des Anhangs IV und V der Fauna Flora Habitatrichtlinie
http://www.ffh-gebiete.de/ffh-anhangiv-anhang4-anhangv-anhang5/
BfN – Artenliste
https://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/themen/natura2000/artenliste.pdf
https://www.umwelt-online.de/recht/eu/90_94/92_43gs.htm
NABU
https://berlin.nabu.de/Downloads/Naturschutzrecht/ffh-richtlinie.pdf
JR