DIE WELT: Geheimpapier prophezeit 1,5 Billionen Euro Klimaschutzkosten

Von Daniel Wetzel
veröffentlicht am 12.11.2017

Daniel Wetzel veröffentlichte bereits am 12.11.2017 einen bedenkenswerten Artikel.
Lesenswert für alle, die ihn wie wir verpasst haben!

Mit einer noch nicht veröffentlichten Großstudie will die deutsche Industrie zeigen, dass die Klimaziele von Paris nicht zu erreichen sind. Es sei denn, man investiere einen absurd hohen Betrag.

Der Zeitpunkt war gut gewählt: Während Union, FDP und Grüne in Berlin um eine Einigung zum Kohleausstieg rangen, sorgte der Weltklimagipfel in Bonn für großen moralischen Druck.

Und dann, pünktlich zu Beginn der entscheidenden Runde der Sondierungsgespräche zur Jamaika-Koalition, folgte Mitte der Woche der nächste Knaller. In einem Aufruf forderten 52 große Unternehmen, darunter Dax-Konzerne wie Telekom, Siemens, SAP und E.on, die Bundesregierung auf, das als unerreichbar geltende deutsche Klimaschutzziel bis 2020 anzupeilen.

Das wäre praktisch ein vorgezogener Ausstieg aus der Kohleenergie. Die Bundesregierung, so schrieben die Unternehmen, solle versuchen, den Weltklimavertrag von Paris nicht zu 80 Prozent zu erfüllen – das ist der Minimalwert –, sondern zu 95 Prozent. Organisiert hatte den Aufruf die „Stiftung 2 Grad“, eine Initiative von Unternehmen.
[…]

„Empfehlung an die Politik“

Noch will niemand die Existenz der mehrere Hundert Seiten starken „Empfehlung an die Politik“ offiziell bestätigen. Doch unter den Verhandlungspartnern der Jamaika-Koalition kursiert schon ein sechsseitiges Papier, dessen industriepolitische Empfehlungen auf der noch geheimen BDI-Studie basieren.

Und diese abgestimmte Position steht in krassem Widerspruch zum Appell der 52 Unternehmen der „Stiftung 2 Grad“, von denen ein Großteil im Umwelt- und Ökostromgeschäft aktiv ist.

So gibt das Papier aus der unveröffentlichten BDI-Studie die Einschätzung wieder, wonach selbst eine 80-prozentige CO2-Reduktion bis zum Jahr 2050 „nur unter erheblichen zusätzlichen Kraftanstrengungen“ erreichbar sein soll.

Der Versuch, eine fast vollständige Minderung zu erreichen, „muss aufgegeben werden, wenn keine Umsetzung vergleichbarer Ambitionen auf globaler Ebene erreichbar ist“, heißt es. Was Deutschland erreichen könne, hänge „von globalen Entwicklungen ab, die nicht national beeinflussbar sind“.
Maßnahmen „kosten mehr, als sie einsparen“

Die Autoren der Studie führen als Argument auch die Kosten an. Die sind ihrer Meinung nach selbst dann gigantisch, wenn die Bundesregierung nur die 80-Prozent-Reduktion anpeilen sollte. Vier von fünf dafür notwendigen Maßnahmen „kosten mehr, als sie einsparen“, heißt es in dem Bericht.

Wirtschaftliche Anreize zum Klimaschutz blieben damit die Ausnahme, der Löwenanteil müsste von der öffentlichen Hand finanziert werden. Die Umsetzung des 80-Prozent-Ziels, schlussfolgern die Autoren, „wäre mit Mehrinvestitionen von mindestens 1,5 Billionen Euro verbunden“. Sie könnten, bei schlechter Umsetzung, „sogar noch höher ausfallen“.

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https://www.welt.de/wirtschaft/article170528156/Geheimpapier-prophezeit-1-5-Billionen-Euro-Klimaschutzkosten.html