Der verschwiegene Protest


von Joachim Weimann, Professor für Wirtschaftspolitik an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.

Professor Weimann behandelt das Thema Bürgerinitiativen gegen Windkraft (Nimbys eingeschlossen) und analysiert die Misere der offensiven Negierung von Windkraftgegnern in den Medien. Letzteres geschieht ebenso vonseiten der Politik und der Windkraft-Lobbyisten. Ideologen ziehen im Allgemeinen die Desavouierung und Diskriminierung von Windkraftgegnern vor und gleichzeitig marginalisieren sie die Gegenwindbewegung.
Wie lange sich diese jahrzehntelang erfolgreich praktizierte Taktik des “Nichts hören, nichts sehen und verschweigen wollens”, quasi nach dem  Das 3-Affen-Prinzip

noch halten wird, ist maßgeblich vom flächendeckenden Widerstand durch Bürgerorganisationen, ihrer Vernetzung und ihrem Mut zur offensiven Aufklärung und zum Klagen abhängig. Und von Medien, die sich trauen entgegen dem Mainstream auch Andersdenkende zu Wort kommen zu lassen.

Auch wenn Prof. Weimann umgehend Kontra durch einen der BUND-Klimaretter und Naturstrom-Lobbyisten bekam, dem die Tagesspiegel Background Energie & Klima Redaktion [“Das Entscheider-Briefing für den Energie- und Klima-Sektor von der größten Energie- und Klimaredaktion aus der Hauptstadt”] selbstverständlich umgehend eine Plattform für seine kruden Ansichten zu Windkraftgegnern bot [“Der verlogene Protest”], ist doch ebenso erstaunlich wie erfreulich, dass der Tagesspiegel Prof. Weimanns deutliche Worte veröffentlicht hat. Dafür unser Dank an die Redaktion.

Unser besonderer Dank gilt Joachim Weimann für diesen Artikel!

“Man stelle sich vor, ein Politiker würde die Gefahren der Atomkraft mit der Bemerkung herunterspielen, man könne Strahlung ja weder sehen noch riechen und außerdem gäbe es ja bisher auch noch keine Strahlenopfer in Deutschland. Der Aufschrei wäre gewaltig. Im Hinblick auf die gesundheitlichen Risiken der Windkraft wird auf genau diesem Niveau argumentiert – nur der Aufschrei bleibt leider aus”.”Den Menschen, die sich in den Bürgerinitiativen engagieren, werden solche Zusammenhänge häufig bewusst, weil die persönliche Betroffenheit sie dazu bringt, sich mit den Dingen intensiv zu befassen. Diejenigen, die nicht direkt betroffen sind – weil sie beispielsweise in großen Städten wohnen – haben nicht die Anreize das zu tun und eigentlich sollten sie es auch nicht tun müssen. Denn dafür gibt es ja die Medien, die Dinge recherchieren, analysieren und dann ausgewogen und fair berichten…”

Tagesspiegel

Der Magdeburger Umweltökonom Joachim Weimann hält die Protestbewegung gegen Windenergie für politisch unterschätzt und die Gefahren der Windkraft in der Öffentlichkeit unzureichend wahrgenommen, schreibt er in seinem Standpunkt.

Wann war die hohe Zeit der Bürgerinitiativen in Deutschland? Damals als es gegen die Atomkraft und die Endlager ging? Oder als es galt, die Startbahn West am Frankfurter Flughafen zu verhindern? Natürlich, wer kennt sie nicht, die berühmten Bürgerproteste in Wackersdorf und im Wendland. Oder die Proteste gegen Stuttgart 21. Legendär!

Dabei ist alles das gar nichts, verglichen mit dem, was ganz aktuell in Deutschland in Sachen Bürgerprotest los ist. Es sind jetzt 1005 registriere Bürgerinitiativen die sich gegen die Errichtung von Windkraftanlagen richten und in Kürze werden zehn Prozent aller Gemeinden in Deutschland eine solche Bürgerinitiative haben. Das ist Bürgerprotest in einer Breite, wie sie so in Deutschland nur ganz selten vorkommt.

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Einige Leseproben:
Warum bekam die Anti-Atomkraft-Bewegung so viel Aufmerksamkeit und die Anti-Windkraft-Initiativen so wenig? Die Antwort ist einfach: Erstere kämpften gegen die „böse“ Atomkraft und letztere kämpfen gegen die „gute“ Energie aus erneuerbaren Energiequellen. Nehmen wir der Einfachheit halber an, die Atomkraft sei wirklich böse. Wie gut ist dann die Windkraft? Das gängige Argument geht so: Nur die Erneuerbaren retten uns vor dem Klimawandel, deshalb sind sie alternativlos. Diejenigen, die sich dagegen wehren, sind im Prinzip auch für die Erneuerbaren, aber „not in my backyard“. Aber Opfer müssen nun einmal gebracht werden und irgendwen trifft es

Dieses Argument ist merkwürdig und es ist falsch. Merkwürdig ist daran, dass man den Menschen vorwirft, dass sie sich dagegen wehren, dass sie als lokal Betroffene Schäden an ihrer Gesundheit, den Verlust einer landschaftlich intakten Heimat und massive Vermögensverluste hinnehmen sollen.

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Dazu kommt, dass es einen bedeutsamen Unterschied zwischen Atomkraft und Windkraft gibt. Die Gefahren der Atomkraft treten dann auf, wenn schwerwiegende Störungen auftreten. Das ist – zum Glück – bis heute noch nicht vorgekommen. Die Gefahren der Windkraft treffen die Anwohner beim normalen Betrieb der Anlagen. Damit es zu gesundheitlichen Schäden kommt, muss eine Windkraftanlage nicht zu Bruch gehen. Es reicht, dass sie ihre ganz normale Arbeit verrichtet. Denn Windkraft ist unweigerlich mit massiven externen Effekten verbunden. Ein Begriff, der im Zusammenhang mit der Atomkraft sehr häufig bemüht wird, im Zusammenhang mit Erneuerbaren aber tabu zu sein scheint.

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Die damit einhergehenden externen Effekte sind massiv. Da ist zunächst die Landschaftszerstörung. Überall dort, wo bereits Natur- und Kulturlandschaften durch Windkraft stark angegriffen wurden, sind die Proteste dagegen am stärksten. Die Menschen empfinden die Eingriffe in die Landschaft als Zerstörung ihrer Heimat. Das geht unmittelbar mit hohen Vermögensverlusten einher. Die sind schwer zu verifizieren, denn Häuserpreise kann man nur beobachten, wenn Häuser veräußert werden. Werden Häuser durch Windkraftanlagen unverkäuflich oder ließen sie sich nur noch zu Preise verkaufen, die für die Besitzer nicht ausreichen, sich woanders eine neue Existenz zu errichten, kommt es nicht zum Verkauf und der Preisverfall wird nicht sichtbar. Das ändert nichts an der Enteignung, die die Menschen durch Windkraft erfahren.

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Und schließlich sind die gesundheitlichen Einschränkungen externe Effekte, die durch Schallemissionen, Schattenschlag und vor allem durch Infraschall entstehen. Infraschall entsteht, wenn der Rotor einer Windkraftanlage an dem Sockel vorbeistreicht, auf dem die Anlage steht. Dabei entsteht eine niederfrequente Schallwelle, die sich sehr weit ausbreitet und die nicht hörbar ist. Es gibt Hinweise darauf, dass Infraschall bei etwa 30 Prozent der Bevölkerung erhebliche gesundheitliche Folgen haben kann.
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Alles lesen:
https://background.tagesspiegel.de/der-verschwiegene-protest/

Bitte beachten Sie auch die “Background Energie-Experten” der Tagesspiegelredaktion und ihre Lebensläufe!
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Sie sind nach Bekunden der Tagesspiegel Background Energie & Klima-Redaktion  verantwortlich für “das Entscheider-Briefing für den Energie- und Klima-Sektor der größten Energie- und Klimaredaktion aus der Hauptstadt“.

[box title=”” border_width=”3″ border_color=”#70ad00″ border_style=”solid” icon=”exclamation” icon_style=”border” icon_shape=”box” align=”justify” text_color=”#000000″]Ein paar Punkte, die uns sehr wichtig sind, möchten wir hier ergänzen – Einen Monat nach Erscheinen des Artikels von Joachim Weimann zählen die Bürgerinitiativen gegen Windkraft 1014 Organisationen und Zusammenschlüsse, rücken also dem 10%-Ziel des Widerstandes in deutschen Gemeinden immer näher. – Ein großer Teil der Windkraftgegner (Nimbys sind hier nicht einbezogen) kommt aus dem Bereich des Natur-, Arten- und Landschaftsschutzes und haben die ehemaligen Natur- und Umweltschutzverbände, heute ‘Klimaretter’-Vereinigungen verlassen, um sich auf dem Gebiet neu zu organisieren und die Natur und Artenvielfalt vor Instrumenten der Klimaretter wie z.B. WEA zu schützen. Hier gibt es ein besonders großes Protestpotenzial von Menschen mit speziellem Hintergrundwissen und großem Engagement.

  • Die tieffrequenten Wellen werden zusätzlich über den Boden (Körperschall!) weitergeleitet und die Masten von WEA geben auch mittels Eigenschwingungen den Schall ohne Rotorbewegung weiter.
  • Seit Jahren wird immer wieder betont, dass es keine oder nur wenige Untersuchungen zu den Auswirkungen von ILFN (InfraLowFrequencyNoise) gäbe. Diese von Politik und Lobbyisten gehegte und gepflegte “Ansicht” hält sich ebenso hartnäckig wie jedes Gerücht.

Auch für die Auswirkungen von Schall auf den menschlichen und auch tierischen Körper gilt, dass durch Verschweigen die Tausenden internationalen Untersuchungen und in den letzen Jahren auch immer mehr deutsche Studien schlicht nicht in die Öffentlichkeit gelangen. So hat es z.B. nur eine für die Windkraftlobby vermeintlich günstige Untersuchung von Schallauswirkungen auf den Menschen deutschlandweit in die Medien geschafft: Die Hörschall-Studie (Infra-, tieffrequenter und Körperschall wurden hierin nicht einmal untersucht!) aus Wilstedt, NDS, von Dres. Pohl und Hübner aus der psychologischen Fakultät der Uni Halle-Wittenberg. Diese Studie erweist sich beim genauen Hinschauen allerdings als äußerst bedenklich. Wir berichteten.

Die Nachfolgeuntersuchungen der o.g. Studienleiter zwei Jahre später in Anzetel-Wehlens, NDS, in der zwar kein Infra- aber tieffrequenter Schall mit untersucht wurde, wurde dann wieder negiert und von der Öffentlichkeit ferngehalten, denn sie brachte 45% gesundheitlich mittel (9%) und schwer (36%) belastete Anwohner zutage (leichte Belastungen wurden zu den nicht belasteten gezählt!)). Eine Zahl, die weder Lobbyisten noch Ideologen wissen oder gar veröffentlicht sehen wollten. Alle weiteren deutschen Untersuchungen oder Studien mit deutscher Beteiligung brachten es in wenigen überregionalen Medien höchstens zu sehr kurzen Randnotizen, z.B. zur EARS-Studie mit deutscher Beteiligung der PTB, zur LMU-Studie aus München, und zur Weichenberger MRT-Studie mit Charité, PTB und UKE. De facto gibt es Untersuchungen zu den Auswirkungen von Infraschall seit 1912 (Österreich), in Zeiten des dritten Reiches haben die Nazis ihre Opfer “zu Studienzwecken” Infraschall ausgesetzt, zunehmend große Studien erfolgten seit 1968 – 1987 (NASA, USA, Neil Kelly), zur Vibrationsakustischen Erkrankung (VAD) seit 1980 bis heute, BGR-Studie Lars Ceranna (D) von 2004 bis 2016, zum Windturbinensyndrom (WTS) von 2004 – 2009, bahnbrechend war zudem die Studie mit Messreihen von Steven Cooper in Bridgewater, AUS, um nur einige wenige Langzeitstudien zu nennen. Siehe auch Historie der Schalluntersuchungen an WEA. Auch Vestas stellte bereits 2004 auf der internationalen AUSWEA Konferenz eine Studie mit Hinweisen auf die Belastungen für Anwohner von WEA öffentlich vor und Enercon schrieb 2016 eine Masterarbeit zur Minimierung von Körperschall emittiert durch ihre Windkraftwerke aus. Auf etliche weitere Studien weisen wir auf windwahn.de und windwahn.com und in unseren Vorträgen hin. Dr. Johannes Mayer läßt in seine Vorträge ebenfalls die Ergebnisse Hunderter Studien einfliessen. JR[/box]

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