MRT-Beweis: Infraschall verändert die kortikale und subkortikale Konnektivität nahe der Hörschwelle
[blockquote]Auch da die Reaktion des Gehirns in einem erweiterten Infraschall-Übergangsbereich die Aktivierung von Hirnarealen beinhaltet, von denen bekannt ist, dass sie eine entscheidende Rolle bei der emotionalen und autonomen Kontrolle spielen, kann eine mögliche Verbindung zwischen IS-induzierten Veränderungen der Hirnaktivität und der Enstehung verschiedener physiologischer sowie psychologischer Auswirkungen auf die Gesundheit festgestellt werden. Eine vorübergehende Hochregulierung dieser Hirnareale als Reaktion auf Infraschall oder tieffrequenten Schall nahe der Schwelle zum Infraschall kann somit eine anfängliche Stressreaktion des Körpers widerspiegeln und schließlich die Symptombildung fördern. Da diese Stimulation wiederholt auftritt, kommt so ein zusätzlicher Risikofaktor ins Spiel.[/blockquote]
Neue Studie von Markus Weichenberger und Forschern der Charité (Berlin), der PTB (Braunschweig) und des UKE (Hamburg)
Veröffentlicht am 12. April 2017
„Altered cortical and subcortical connectivity due to infrasound administered near the hearing threshold – Evidence from fMRI“
Veränderte kortikale und subkortikale Konnektivität durch Infraschalleinwirkung nahe der Hörschwelle –
Nachweis aus fMRI (funktionelle Magnetresonanztomographie)
Schlussfolgerung
Nach unserer Kenntnis ist diese Studie die erste, die Veränderungen der Hirnaktivität über mehrere Regionen als Reaktion auf infraschall (IS) im erweiterten tieffrequenten Bereich mit fMRI* dokumentiert. ReHo**-Analyse ergab eine höhere lokale Konnektivität von rSTG, ACC und dem rAmyg nur, wenn IS in der Nähe der Hörschwelle verabreicht wurde und die ICA ***zeigte, dass Effekte auch auf der interregionalen Ebene gefunden werden können.
Auf der einen Seite scheinen diese Ergebnisse die Hypothese zu stützen, dass Infraschall (sub)-liminal einen Einfluss auf den Organismus über einen unterbewussten Verarbeitungsweg ausüben kann (der möglicherweise eine über äußere Haarzellen vermittelte Signaltransduktion**** beinhaltet). Auf der anderen Seite, obwohl deutlich hörbar, führte eine verlängerte Stimulation mit IS oberhalb der Hörschwelle nicht zu Veränderungen der Hirnaktivität, was darauf hindeuten könnte, dass das Signal, das auf dem bewussten Hörstreifen verarbeitet wurde in einer Top-down*****-Weise über Aufmerksamkeitsmechanismen abgeschwächt worden sein könnte.
Auch da die Reaktion des Gehirns in einem erweiterten Infraschall-Übergangsbereich die Aktivierung von Hirnarealen beinhaltet, von denen bekannt ist, dass sie eine entscheidende Rolle bei der emotionalen und autonomen Kontrolle spielen, kann eine mögliche Verbindung zwischen IS-induzierten Veränderungen der Hirnaktivität und der Enstehung verschiedener physiologischer sowie psychologischer Auswirkungen auf die Gesundheit festgestellt werden.
Eine vorübergehende Hochregulierung dieser Hirnareale als Reaktion auf Infraschall oder tieffrequenten Schall nahe der Schwelle zum Infraschall kann somit eine anfängliche Stressreaktion des Körpers widerspiegeln und schließlich die Symptombildung fördern. Da diese Stimulation wiederholt auftritt, kommt so ein zusätzlicher Risikofaktor ins Spiel.
Somit ist eine weitere Forschung, insbesondere eine Langzeit-Expositionsforschung erforderlich, um diese Erkenntnisse zu untermauern und zu einem besseren Verständnis für Infraschall-bedingte gesundheitliche Auswirkungen beizutragen.
Übersetzung Jutta Reichardt
* funktionelle Magnetresonanztomographie
** Regional Homogeneity (regionale Homogenität)
*** Internal Carotid Artery (innere Carotis-Arterie)
**** https://de.wikipedia.org/wiki/Top-down_und_Bottom-up
***** Signaltransduktion: Umwandlung eines extrazellulären Signals in eine intrazelluläre „Antwort“ Eine Zelle kann auf sehr verschiedenartige äußere Reize reagieren: http://www.spektrum.de/lexikon/biologie/signaltransduktion/61524
Conclusion im Original:
To our knowledge, this study is the first to document changes of brain activity across several regions in response to prolonged near-threshold IS using fMRI*. ReHo analysis revealed higher local connectivity of rSTG, ACC and the rAmyg only when IS was administered near the hearing threshold and ICA showed that effects can also be found on the inter-regional level. On the one hand, these results seem to support the hypothesis that (sub-)liminal IS can exert an influence on the organism via a subconscious processing route (which supposedly involves outer hair cell-mediated signal transduction). On the other hand, though clearly audible, prolonged stimulation with IS above the hearing threshold did not lead to changes of brain activity, which could indicate that the signal processed along the conscious hearing route may have been attenuated in a top-down fashion via attentional mechanisms. Also, since the brain’s response to prolonged near-threshold IS involves the activation of brains areas, which are known to play a crucial role in emotional and autonomic control, a potential link between IS-induced changes of brain activity and the emergence of various physiological as well as psychological health effects can be established. Transient upregulation of these brain areas in response to below- or near threshold IS may thus reflect an initial stress response of the body, eventually promoting symptom formation as stimulation occurs repeatedly and additional risk factor come into play. Nevertheless, further research, in particular longitudinal exposure research, is needed in order sustantiate these findings and contribute to a better understand of IS-related health effects.
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JR
Mit Dank an Sherri, NAPAW, Ont. Canada, für die Info!